Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit
Berichte aus der K-Produktion
mit Texten, Szenen und Liedern von Kurt Tucholsky, Herbert Rosendorfer,
Egon Friedell, Robert Gernhardt, Funny van Dannen und v.a.
Der Abend widmet sich den unendlichen Mühen der Erstellung und Rezeption von Kunst und
scheut sich nicht, die dabei entstehenden Unfälle, Missgeschicke und zwischenmenschlichen
Abgründe zu schildern. So erfährt der geneigte Zuhörer nicht nur, dass ein Waschbrett zu einer
Weltkarriere als Musiker führen kann und dabei die eines anderen ruiniert, er wird Zeuge auch der
verzweifelten Anstrengungen von Literaten und Theaterleuten, der Zeit, die nach Satire schreit,
gerecht zu werden. Auch die Bildende Kunst und die Kunstkritik werden einer schonungslosen
Betrachtung unterzogen. Und ganz nebenbei lernt man, wie einfach es ist, einen erfolgreichen
Kriminalroman zu schreiben oder warum man Sonette lieber nicht verfassen sollte…
…Thomas Anzenhofer las sehr anschaulich von den Widrigkeiten der Kunst aus Werken von Gernhardt, Wiener, Rosendorfer und Tucholsky. Da ist die Rede vom geplagten Nachbarn, der
durch langes Proben eines Schauspielers zum Wahnsinn getrieben wird, oder von der unheilvollen Nachbarschaft eines Pianisten mit einem Dichter, der aus Verzweiflung zum erfolgreichen Komponisten zeitgenössischer Musik mutiert. Ein tragisches Poem von Herbert Rosendorfer.
Große Kunst oder Hundekacke, das ist die Streitfrage zwischen einem Kunstkenner und einem Betrachter, der seinen nüchternen Eindruck mit lakonischem Kommentar versieht. Zum Schreien komisch Tucholskys Abhandlung über den deutschen Kulturbetrieb. In schnellem Wechsel mimt Anzenhofer gekonnt mal den Theaterdirektor mit Berliner Schnauze, der gleich an drei bekannte Autoren: Kästner, Mehring und Peter Panter alias Kurt Tucholsky, denselben Auftrag für ein leicht verdauliches Stück erteilt, mal den gesellschaftskritischen Regisseur mit sonorer Stimme, mal den sächselnden Generaldirektor, mal den schwulen Schauspieler. Und jeder weiß besser, wie ein Autor zu schreiben hat, und jeder bringt bei Änderungswünschen seine Eitelkeiten bei.
Nur die Autoren selbst kommen nicht zu Wort: „Wer schreit denn da so?“ Antwort: „Das ist die Zeit, die schreit nach Satire.“ Ein zeitloses Lehrstück aus der Kulturwelt, das Publikum geizte nicht mit Applaus…
WAZ,Wittener Ausgabe, Dienstag 23.11.04